Orientierungslos im Außen- und Wirtschaftskurs
Deutschland steckt nicht in einer kleinen Delle, sondern in einem tiefgreifenden Substanzverlust. Außenpolitisch ohne Kompass, wirtschaftlich schwach, bildungspolitisch desorientiert, technologisch mehr mit Regulierung als mit Innovation beschäftigt. Die Bilanz ist messbar: schrumpfende Wirtschaftsleistung, steigende Insolvenzen, alternder Kapitalstock, bröckelnder Arbeitsmarkt, konsumtive Staatsverschuldung, Bildung im Abwärtstrend, Künstliche Intelligenz als Kostenfaktor statt Produktivitätstreiber, Migrationsdruck und eine außenpolitische Linie, die eher reagiert als führt.
China baut Macht, Deutschland stolpert
China verfolgt mit klarer Strategie die „große nationale Wiederbelebung“ bis 2049. Unter diesem Dach stehen die Global Development Initiative, die Global Security Initiative, die Global Civilization Initiative und seit 2025 auch eine Global Governance Initiative. Peking koppelt diese Programme mit der Belt and Road Initiative, der digitalen Seidenstraße und einem aggressiven Vorstoß in die Standardisierung – „China Standards 2035“ ist mehr als ein Slogan, es ist ein Fahrplan. Parallel baut China ein Renminbi-basiertes Zahlungsnetz auf, entwickelt Safe-City-Technologien, treibt 5G- und Cloud-Infrastruktur in den globalen Süden und verankert seine Konzepte in UN-Foren. Zielbild 2049: eine multipolare Ordnung, in der Standards, Datenregime und Lieferketten kompatibel mit China sind.
Handelskonflikte und Zollspirale
Für den Westen bedeutet das Reibung, nicht Balance. Europa reagiert mit De-Risking, Exportkontrollen, strengeren Investitionsprüfungen und Handelsabwehr. Sichtbar in den Strafzöllen auf chinesische Elektroautos: BYD mit 17 %, Geely mit 18,8 %, SAIC mit 35,3 % plus Grundzoll. Peking antwortet mit Gegenzöllen, unter anderem auf Schweinefleisch und Brandy. Deutschland steht mitten in dieser Zollspirale: Exportmärkte brechen in China ein, während chinesische Hersteller gleichzeitig in Europa Lokalisierung betreiben und den Preisdruck erhöhen. Die USA sind 2024 wieder wichtigster Handelspartner Deutschlands, China rutscht zurück. Eine klare industriepolitische Ausrichtung der Bundesregierung ist nicht erkennbar.
Energiepolitik als Standortschaden
Parallel zeigt die Energiepolitik den Standortschaden: 2024 war Deutschland massiver Nettoimporteur von Strom – 67 Terawattstunden, ein Anstieg um 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Frankreich und Dänemark lieferten zu niedrigeren Preisen. Das ist kein Betriebsunfall, sondern ein Strukturproblem: Energie ist hierzulande teurer als bei den Nachbarn. Für energieintensive Branchen wie Chemie, Stahl, Glas oder Papier ist das eine Standortfrage, keine Nebensache.
Krieg, Kosten und ein schwacher Bundeswehr-Apparat
Der Ukrainekrieg verschärft den Druck. Deutschland zählt zu den größten Unterstützern Kiews, neue Milliardenpakete sind beschlossen. Gleichzeitig diskutiert Europa die Nutzung eingefrorener russischer Vermögenswerte. All das belastet den Haushalt, erhöht die Schuldenlast und verschiebt Prioritäten. Die Bundeswehr selbst bleibt unterausgestattet; der Wehrbericht des Bundestages dokumentiert Mängel quer durch Material, Personal und Infrastruktur.
Investitionsschwäche und Kapitalstockverlust
Die Wirtschaftszahlen sprechen eine eindeutige Sprache. 2023 schrumpfte die deutsche Wirtschaft um 0,3 Prozent, 2024 erneut um 0,2 Prozent. Zwei Minusjahre sind kein Zufall, sondern ein Trend. KfW Research weist aus, dass die Unternehmensinvestitionen 2024 real 6,5 Prozent unter Ende 2019 lagen, der Wohnungsbau gar um 13 Prozent, der private Sektor insgesamt um 8 Prozent. Der Investitionspfad von 2016 bis 2018 wird heute um fast ein Drittel unterschritten.
Noch deutlicher zeigt sich der Substanzverlust im Kapitalstock: Allein die energieintensiven Industrien – Chemie, Glas, Keramik, Papier, Metallerzeugung – haben seit 2000 real 19,7 Prozent ihres Kapitalstocks verloren, das entspricht 71,2 Milliarden Euro. Seit 2001 gab es in diesen Kernbranchen kein einziges Wachstumsjahr mehr, sondern nur Rückgänge. Die Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft erwarten auch nach 2022 weitere Abnahmen. Parallel sank die Produktion der energieintensiven Branchen zwischen Februar 2022 und Juli 2023 um 16,7 Prozent. Öffentliche Nettoanlageinvestitionen verharren seit Jahrzehnten nahe Null, in manchen Bereichen schrumpft der Kapitalstock sogar, weil Abschreibungen höher sind als Neuzugänge. Brücken, Schulen, Straßen, Netze – das Bild ist überall gleich: alt, reparaturanfällig, nicht modernisiert.
Zukunftsprojekte als Mahnmale
Die großen industriepolitischen Projekte, die die Bundesregierung als Zukunftssymbole verkaufte, sind zu Mahnmalen geworden. Das Intel-Werk in Magdeburg – groß angekündigt, inzwischen verschoben und de facto beerdigt. TSMC/ESMC in Dresden wird gebaut, aber nur für mittlere Technologien, nicht an der Weltspitze. Verzögerungen und Streit um Subventionen prägen das Bild. Für Investoren lautet die Botschaft: Deutschland ist langsam, bürokratisch, unberechenbar.
Insolvenzwelle in Kernbranchen
Die Insolvenzen sind der sichtbarste Beweis der Krise. 2024 stieg die Zahl der Unternehmensinsolvenzen um 28,5 Prozent, 2025 erreichten sie im ersten Halbjahr mit fast 12.000 Fällen den höchsten Stand seit einem Jahrzehnt. Einzelne Monate lagen über 19 Prozent höher als im Vorjahr. Betroffen sind nicht nur Randbranchen, sondern Kernsektoren: Maschinenbau, Bauwirtschaft, Logistik, Handel.
Arbeitsmarkt mit Rissen
Der Arbeitsmarkt hält noch, doch die Risse sind nicht mehr zu übersehen. Ende August 2025 überschritt die Zahl der Arbeitslosen erstmals seit zehn Jahren die Marke von drei Millionen. Saisonbereinigt liegt die Quote bei 6,3 Prozent. Offene Stellen sanken um 68.000 gegenüber dem Vorjahr. Die Bundesagentur für Arbeit spricht von einem Arbeitsmarkt, der „noch gezeichnet vom Konjunktureinbruch“ sei. Übersetzt: Die Puffer schwinden.
Staatsverschuldung ohne Zukunft
Die Staatsverschuldung wächst rasant. Von 2025 bis 2029 will die Bundesregierung über 850 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen. Der Bundesrechnungshof kritisiert, dass es sich dabei überwiegend um konsumtive Ausgaben handelt, nicht um investive. Schulden, die nicht den Kapitalstock erneuern, sind keine Basis für künftiges Wachstum, sondern nur für höhere Zinslasten.
Bildung im Abwärtstrend
Die Bildungspolitik liefert die stille Vorfeldverwüstung. PISA 2022 zeigt: Mathe, Lesen, Naturwissenschaften – überall Rückgänge. Die Risikogruppe wächst, die Leistungsstreuung nimmt zu. Gleichzeitig bleiben MINT-Stellen unbesetzt: 2024 über 200.000, im Frühjahr 2025 noch immer 163.000. Das ist kein zyklischer Effekt, sondern ein strukturelles Defizit. Ohne Breite in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Grundlagen fehlen die Ingenieure, Techniker und Facharbeiter, die Fabriken, Anlagen und Technologien hochfahren.
KI – Regulierung statt Produktivität
Die Künstliche Intelligenz illustriert den Widerspruch. Seit 1. August 2024 ist der EU-AI-Act in Kraft, Pflichten greifen in Wellen bis 2026. Deutsche Unternehmen bauen Compliance-Strukturen auf, dokumentieren, klassifizieren, auditieren – Kosten steigen. Gleichzeitig ging am 5. September 2025 mit JUPITER in Jülich Europas erster Exascale-Supercomputer in Betrieb, ein technisches Meisterwerk. Doch die Breitenwirkung bleibt aus: Ohne niederschwelligen Zugang für Industrie und Mittelstand bleibt der Rechner ein Prestigeprojekt. KI ist für viele deutsche Unternehmen 2025 nicht Produktivitätsmotor, sondern Kostenstelle.
Migration als Dauerbelastung
Die Migrationslage verschärft die sozialen Spannungen. 2024 wurden 250.945 Asylanträge gestellt, 2025 bis August weitere 104.000. Die Anerkennungsquote liegt bei etwa 20 Prozent. Parallel sind Millionen ukrainischer Geflüchteter im Schutzrahmen der EU. Kommunen berichten von überlasteten Kitas, Schulen, Wohnungen und Kursen. Integration braucht Zeit, Ressourcen, Bildungskapazitäten – alles, was in Deutschland knapp ist.
Fazit: Erosion durch politisches Versagen
Zusammengefügt ergibt sich ein klares Bild: China baut konsequent an seiner Macht, setzt Standards, kontrolliert Lieferketten, investiert in MINT und Technologie. Der Westen reagiert, Deutschland stolpert. Außenpolitisch zickzackt Berlin zwischen Formeln, wirtschaftlich schrumpft das Land, der Kapitalstock altert, die Investitionen fehlen, Insolvenzen steigen, der Arbeitsmarkt bröckelt, die Staatsverschuldung wächst konsumtiv, die Schulen liefern schwächere Ergebnisse, die KI wird reguliert statt genutzt, die Migration überfordert die Systeme, der Ukrainekrieg bindet Ressourcen und erhöht Risiken.
Das Ergebnis ist sichtbar im Alltag: höhere Preise, bröckelnde Infrastruktur, wachsende Unsicherheit. Deutschlands Wohlstand erodiert – nicht durch Schicksal, sondern durch politisches Versagen.
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